Allostase und allostatische Belastung nach McEwen

Allostatische Belastung
©stokkete/stock.adobe.com

Allostase

Der Begriff Allostase kommt aus dem Griechischen und setzt sich aus den beiden Begriffen allo und stase zusammen. Allo steht hier für variabel und stase für stehend.
Die wörtliche Übersetzung von Allostase bedeutet hiermit, dass mit Hilfe einer Änderung eine gewisse Stabilität erreicht werden soll.
Im Allgemeinen beschreibt die Allostase den Prozess, „durch den der Körper in Anforderungssituationen (Stress) durch physiologische und psychologische Verhaltensänderungen eine – auch zukünftige Belastungen einbeziehende – Stabilität aufrechterhält“ (P. Sterling, J. Eyer). Dies wird erreicht durch eine physiologische oder psychologische Änderung des eigenen Verhaltens. Grundsätzlich ist bei dieser Anpassungsreaktion ein adaptiver Charakter vorhanden. Es ist aber zu beachten, dass erhöhte körperliche Anforderungen und demzufolge auch eine erhöhte Abnutzung damit verbunden ist. Diese Abnutzung wird in Fachkreisen auch als „wear and tear“ bezeichnet.

Mit anderen Worten versucht man also bei diesem Stressmodell eine Antwort darauf zu finden, wie gesunde körperliche Reaktionen auf stressende Herausforderungen gelingen können. Die Antwort liegt McEwen folgend in der unterschiedlichen Reaktionsfähigkeit physiologischer Systeme („The end of stress as we know it“, 2002).

Allostatische Belastung
Modell der allostatischen Belastung nach McEwen

Zentrale Bedeutung: Variabilität

Die größte Bedeutung im Konzept der Allostase hat die Variabilität. Das bedeutet, dass eine Anpassung der komplexen Organismen an Umwelt- und Lebensbedingungen erfolgen sollte, wenn diese sich verändern. Im Grunde genommen handelt es sich bei dem Allostase-Konzept um eine Erweiterung des einfachen Homöostase-Konzeptes. Bei diesem geht es darum, dass das innere Gleichgewicht aufrechterhalten werden soll, bzw. dieses Ziel angestrebt wird. Im Gegensatz zum klassischen Homöostatischen Konzept, bei dem Systeme nur innerhalb einer engen Bandbreite an Schwankungen wieder in definierte Ausgangszustände reguliert werden müssen (z.B. Blutsauerstoffgehalt, pH-wert des Körpers), ist bei der Allostase der Sollwert des Systems variabel und verändert sich je nach situativer Anforderung (Immunsystem, Zentrales Nervensystem). Gesundheitliche Beeinträchtigungen kommen demnach zustande, wenn alostatisch regulierte Systeme zu oft oder zu intensiv eingesetzt werden müssen (Dr. Tobias Stächele, Taschenatlas Stress, 2013).

Das Gehirn spielt nach dem Allostase-Konzept aus dynamischer Sicht eine sehr wichtige Rolle. Dies gilt für allostatische Reaktionen auf diverse Problemlagen komplexer Art und zusätzlich kommender Belastungen. Die sogenannte Allostase-Reaktion entsteht durch Hormone der so genannten der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, Katecholamine und Zytokine. Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse wird im deutschen Sprachgebrauch auch oft als HPA-Achse bezeichnet. Diese Bezeichnung ist entstanden durch den Hypothalamic-Pituitary-Adrenal Axis.

Auftretende Arten der allostatischen Belastung

Nach den Wissenschaftlern McEwen und Wingfield entstand der Vorschlag eine Aufteilung bei den allostatischen Antworten in zwei verschiedene Arten vorzunehmen.

Typ 1

Die erste Art ist der Typ 1. Dieser tritt auf, wenn das Angebot an Energie weniger ist als der Bedarf, der tatsächlich vorhanden sein sollte. Somit wird ein Notfallprogramm eingeschaltet, welches einen metabolischen Charakter aufweist. Durch die Aktivierung dieses Programmes kann Energie eingespart und zudem auch noch Reserven mobilisiert werden. Sobald diese Störung beendet ist, ist es möglich den normalen Lebenszyklus ohne Einschränkungen fortzusetzen.

Typ 2

Der so genannte zweite Typ entsteht, wenn der Bedarf an Energie, der erwartet wird, höher ist, als der Bestand der vorhandenen Energie. Psychosoziale Stresssituation sind typisch, dass sich dieser zweite Typ entwickeln kann.
Egal um welchen Typ es sich handelt, beide sind mit einer erhöhten Freisetzung von Cortisol und Katecholaminen verbunden. Der Unterschied liegt hier bei den Schilddrüsenhormonen. Bei Typ 1 der Allostase gibt es eine geringe Konzentration des Hormones Trijodthyronin, auch T3 genannt. Dagegen ist bei dem zweiten Typ der T3 Spiegel eher erhöht.

Der Begriff Allostatische Belastung

Wenn eine allostatische Aktivierung dauerhaft vorhanden ist, welche durch chronischen Stress entsteht, wird von der Allostatischen Last oder auch Überlast (allostatische Belastung) gesprochen. Im Fall einer solchen Überlast (allostatischen Belastung) ist es möglich, dass verschiedene Organsysteme geschädigt werden können. Besonders die psychische Gesundheit hat am stärksten die Auswirkungen durch die chronische Stressbelastung zu erleiden. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ebenso aus Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und des Stoffwechsels ist bei der allostatischen Belastung verstärkt vorhanden. Weiterhin dürfen auch Erkrankungen des Immunsystems, die öfter Auftreten können, in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden.

Auswirkungen auf das Gehirn

Die allostatische Last/ allostatische Belastung ist besonders abhängig und bedeutsam für das Gehirn. Nicht kontrollierbarer Stress führt in der Regel dazu, dass sich zentralnervöse Strukturen destabilisieren. Dies steht im Gegensatz zum kontrollierbaren Stress und dem Ergebnis der Stabilisierung.
Von diesem Problem sind insbesondere Bereiche des Gehirns betroffen, bei denen sich Nervenzellen neu entwickeln können. Diese sogenannte Neurogenese gilt auch für den Menschen. Ein Beispiel dieser Bereiche ist der Hippocampus,
Das bedeutet, dass die allostatische Last, Veränderungen des Hippocampus und auch Depressionen besonders eng miteinander zusammenhängen. Es gibt aber auch noch andere unterschiedliche Probleme psychischer Art, die ebenfalls eine enge Verbindung zum chronischen Stress besitzen. Eine andere Bezeichnung hierfür ist das Diasthese-Stress-Modell.

Auslöser für allostatische Last oder auch allostatische Belastung

Sozialer Stress

Eine Situation, die das eben Erwähnte (allostatische Belastung) auslöst, ist sozialer Stress. Im Grunde genommen ist es möglich, dass jeder Stress, der unkontrolliert auftritt die HPA-Achse aktivieren und demzufolge die allostatische Reaktion (allostatische Belastung) auslösen. In dem Zusammenhang der HPA-Achse sind besonders soziale Stressoren nennenswert. Besonders Ausgrenzungsverfahren können eine starke Aktivierung der HPA-Achse zur Folge haben. Es ist aber wissenschaftlich erwiesen, dass wenn Herabsetzungssituationen auftreten die HPA-Achse am stärksten und sichersten aktiviert wird. Solche Herabsetzungssituationen sind zum Beispiel solche Situationen, bei denen der Mensch beschämt oder erniedrigt wird oder sich dementsprechend fühlt. Die hier so genannten sozial-evaluativen Gegebenheiten werden vor allem verwendet bei der Durchführung von Experimenten um die HPA-Achse aktivieren zu können.

Zusammenhang zwischen der sozialen und der gesundheitlichen Situation

Auf der Welt ist ein äußerst stabiler Zusammenhang zwischen der sozialen und der gesundheitlichen Situation vorhanden. Hierbei wird die allostatische Belastung und deren Auswirkungen auf die Gesundheit als Teilursache bezeichnet, welche einen wichtigen Aspekt bietet. Das bedeutet, dass die allostatische Last in einem großen Zusammenhang mit der sozialen Situation steht, da je nach sozialen Status eine früherer Alterung und auch eine höhere Ausprägung von den unterschiedlichsten Krankheiten entstehen kann.

Möglichkeiten der Interventionen oder auch Einflussnahme auf die Allostase

Ursache Homöostase

Es ist sinnvoll die Einflussnahme oder auch Interventionen daran anzusetzen, dass das Allostase-Konzept über das Homöostase-Konzept hinaus geht (siehe auch Ausführungen oben!). Der Begründer des Allostase-Konzeptes Sterling gibt hier bei der arteriellen Hypertonie folgendes an. Seiner Meinung nach kann es sein, dass bei Homöostase der Bluthochdruck als mögliche Ursache haben kann, dass zu viel Salzwasser in zu wenig Gefäßvolumen vorhanden ist. Als Lösung dieses Problems können Medikamente eingesetzt werden. Diese sollen helfen, dass das Salz und das Wasser vermindert wird. Dadurch kann sich wiederum das Volumen erhöhen und es werden die Feedbackmechanismen blockiert.

Ursache Allostase

Bei Allostase kann die Ursache des Bluthochdruckes das Gehirn sein. Das Gehirn kann alle Mechanismen auf niedrigem Niveau halten. Dadurch werden Salz und Wasser durch die Nieren zurückgehalten. Die Folge daraus ist, dass der Salzappetit gesteigert wird. Therapeutisch müsste hier angesetzt werden, indem der Bedarf reduziert werden und das Kontrollgefühl erhöht werden sollte. Wenn dies geschieht ist es möglich, dass das Gehirn seinen Bedarf herunterregeln und dann auch alle zusammenhängenden Mechanismen niedrig halten kann.

Gehirn spielt zentrale Rolle im Konzept der Allostase
©nsit0108/stock.adobe.com

Gehirn steht im Zentrum

Daher ist es wichtig zu wissen, dass wenn das Konzept der Allostase zu Anwendung kommt und über das Homöostase-Konzept hinausgeht das Gehirn im Zentrum steht. Das bedeutet, dass es das wichtigste Organ der Stressreaktionen ist. Der Grund liegt hier, dass untergeordnete Systeme von Bedarfsanlagen reguliert werden, welche in der Zukunft liegen. Wird versucht auf die Regulation der untergeordneten Systeme Einfluss zu nehmen, können Ausweichreaktionen entstehen. Diese werden vom zentralen Nervensystem gesteuert und haben kompensatorischen Charakter. Nach dem Allostase-Konzept ist es wichtig, dass das Gehirn auch wirklich als zentrales Stressorgan betrachtet wird. Hierbei ist es auch wichtig zu wissen, dass soziale Stressoren bei einer Veränderung der sozialen Bedingungen ebenfalls betrachtet werden müssen.